In diesem Blogartikel habe ich mich mit Faktoren beschäftigt, die für eine erfolgreiche Wissenschaftskommunikation mit Digital Natives wichtig sind.
„Wissen ist Macht“ – Diese Worte des Philosophen Francis Bacon aus dem 17. Jahrhundert sind heute relevanter denn je. Egal ob Klimakrise oder Corona-Pandemie: Auf wissenschaftliche Erkenntnisse folgen weitreichende politische Entscheidungen. Daher ist es auch besonders wichtig, dass die Öffentlichkeit Zugang zu diesem Wissen hat und Informationen gut kommuniziert werden. Doch in einer Welt, in der die Masse an Informationen ständig wächst und Ablenkungsfaktoren allgegenwärtig sind, stellt die effektive Vermittlung eine große Herausforderung dar. Vor allem für Digital Natives, die diesen Faktoren besonders intensiv ausgesetzt sind. Wie also sollten Wissensbeiträge gestaltet sein, damit sie Aufmerksamkeit erregen, aber auch genug Informationen vermitteln und glaubwürdig wirken?
Digital Natives und ihre Informationsverarbeitung
Zuerst jedoch: Wen meine ich, wenn ich von Digital Natives spreche? Sie werden auch als Muttersprachler:innen der digitalen Sprache bezeichnet. Diese Menschen wachsen mit Medien wie Computern, Smartphones und dem Internet auf und gehen daher besonders intuitiv mit ihnen um. Was diese Medien so einzigartig macht, ist nicht nur die Mobilität und der einfache Zugriff, sondern vor allem ihre große Vielseitigkeit. Vom Kommunikationsmittel bis zum Unterhaltungsangebot sind sie unsere ständigen Begleiter im Alltag. Noch nie zuvor wurde so viel interagiert und kommuniziert wie heute. Jeden Tag werden immense Mengen an Informationen erzeugt und konsumiert und wir alle sind dieser Informationsflut ausgesetzt. Genau hier liegt auch die Herausforderung. Diese überwältigende Flut von Informationen setzt unser Gehirn enorm unter Druck. Wenn zu viele Signale auf uns einprasseln, geraten wir schnell an unsere Kapazitätsgrenzen und die Flut verwandelt sich in eine regelrechte Überflutung.
Um diese Belastung möglichst klein zu halten, hat sich die Art und Weise angepasst, wie wir Informationen aufnehmen und verarbeiten. Unser Gehirn verarbeitet Bilder deutlich schneller als Texte, deshalb nehmen wir lieber visuelle Informationen auf. Zusätzlich bleiben Bilder länger im Gedächtnis haften und lösen emotionale Reaktionen aus.
Aber auch beim Umgang mit Texten haben wir gelernt, effizient vorzugehen. Das Stichwort hierbei ist Skimmen – eine Technik, bei der wir Texte überfliegen, um die wesentlichen Informationen herauszufiltern. Dabei werden oft nur etwa ein Viertel der Worte aktiv gelesen.
Eine weitere Entlastungsstrategie unseres Gehirns ist Cognitive Offloading. Durch den einfachen Zugang zum Internet müssen wir heute nicht mehr unbedingt Suchergebnisse und Erkenntnisse an sich abspeichern. Es reicht oft aus, sich die Quelle und den Weg einzuprägen, um bei Bedarf darauf zurückgreifen zu können. Ganz nach Albert Einstein: „Wissen heißt, wissen wo es geschrieben steht“ …
Ein weiteres Phänomen, das unweigerlich mit Digital Natives in Verbindung gebracht wird, ist Multitasking. Oftmals assoziiert mit einer höheren Produktivität, spricht der häufige Wechsel von Medien oder Aufgaben aber eher für eine kurze Aufmerksamkeitsspanne und viele Ablenkungsquellen. Das wird besonders deutlich, wenn man sich mal wieder beim Film schauen, parallel am Handy erwischt.
Erfolgsfaktoren in der Wissensvermittlung an Digital Natives
Für eine effektive Kommunikation gilt generell: Forschungsergebnisse müssen verständlich und dialogorientiert dargestellt werden und dabei immer auch an die Zielgruppe und den Kontext angepasst sein. Im Umgang mit Digital Natives haben sich sieben Faktoren herauskristallisiert, die ich hier anhand eines Beispiels, einem fiktiven Social-Media-Beitrag zum Thema „vorurteilsbehaftete Künstliche Intelligenz“, genauer betrachten möchte.
- Plattform und Medium gezielt auswählen
Es ist entscheidend, die richtigen Plattformen für die Botschaft zu wählen. Wo verbringen Digital Natives ihre Zeit online? Welche sozialen Medien nutzen sie? Diese Fragen sind wichtig, um die Inhalte genau dort zu platzieren, wo sie am meisten Aufmerksamkeit erregen. Vor allem soziale Medien eignen sich, da sie es ermöglichen, Inhalte einfach zu teilen und zu diskutieren. Das Beispiel ist als Karussell-Post für Instagram aufgebaut, da sich die Plattform für den geringen Inhaltsumfang eignet und das passende visuelle Format bietet. - Inhalte visualisieren & Gestaltprinzipien beachten
Da sich Digital Natives eher visuell orientieren, ist es wichtig, visuelle Formate und Grafiken zu nutzen. Sie wecken leichter das Interesse, sind verständlicher und unterhaltsamer, so bleibt auch die Aufmerksamkeit länger erhalten. Ein ansprechendes und übersichtliches Design kann zusätzlich dafür sorgen, dass der Inhalt glaubhafter wirkt. Im Beispiel haben wir nicht nur Illustrationen und Bilder, sondern auch visuelle Hierarchien durch Größenunterschiede, Unterstreichungen und Hervorhebungen, die durch den Inhalt führen. - Einfache Sprache verwenden
Verwende klare Worte und Sätze und biete gute Erklärungen für Fachbegriffe, um sicherzustellen, dass deine Botschaft ohne Hürden vermittelt wird. Auch Zusammenfassungen und kurze Textabschnitte erleichtern das Erfassen und verbessern die Verständlichkeit. - Beispiele und Analogien verwenden
Abstrakte Konzepte können oft verwirrend sein. Veranschauliche sie durch konkrete Beispiele und Analogien aus dem Alltag. Das macht deine Botschaft greifbar und erleichtert das Verständnis. In unserem Beispiel hat man hier einen konkreten Anwendungsfall vor Augen, der die diskriminierenden Tendenzen deutlich werden lässt. - Relevanz herstellen
Um Interesse zu wecken und in Masse an Informationen und Inhalten aufzufallen, sollten die Themen aktuell sein oder einen Bezug zum Leben der Zielgruppe haben. Mache deine wissenschaftlichen Informationen persönlich relevant. Zeige, wie sie das Leben deiner Zielgruppe beeinflussen können oder spreche sie persönlich an. Das Thema KI im Beispiel ist mit der Veröffentlichung von ChatGPT sehr präsent und kann selbst ausprobiert werden. - Interaktivität fördern
Digital Natives lieben Interaktion und sind es gewohnt, Inhalte nicht nur passiv zu konsumieren. Nutze daher Elemente wie Umfragen, Quizze oder Live-Chats, um sie aktiv einzubeziehen. Die Möglichkeit, Fragen zu stellen und Feedback zu geben, steigert das Engagement und die Lernerfahrung. - Quellen und Verweise angeben
Glaubwürdigkeit ist entscheidend. Stelle sicher, dass deine Aussagen durch verlässliche Quellen gestützt sind. Füge Verweise und Links zu weiterführenden Informationen hinzu, um einen tieferen Einstieg in das Thema zu ermöglichen.
Eine erfolgreiche Wissenschaftskommunikation mit Digital Natives setzt also auf visuelle Präzision und eine persönliche Verbindung. Dabei müssen die Informationen natürlich auch gezielt und ansprechend präsentiert werden, um die Zielgruppe zu erreichen und zu begeistern.
Herausforderungen und Risiken
Die größte Schwierigkeit liegt darin, dass Medien und Wissenschaft auf gegensätzlichen Grundlagen funktionieren. Aufmerksamkeit auf Seite der Medien und Wahrheit auf Seite der Wissenschaft. Während Sachlichkeit zwar die Glaubwürdigkeit erhöht, erregen Unterhaltung und Sensation – in den sozialen Medien häufig mit Clickbait und Fake News – deutlich mehr Aufmerksamkeit. Zudem sind Vereinfachung und Veranschaulichung essenziell für die allgemeine Verständlichkeit, allerdings muss man auch hier darauf achten, den wissenschaftlichen Ansprüchen gerecht zu werden. Es gibt also kein Szenario, in dem Glaubwürdigkeit, Aufmerksamkeit und Informationsgehalt gleich hoch sind.
Gerade soziale Medien können eine ausführliche Wissenschaftskommunikation nicht ersetzen, aber sie bieten einen Einstieg in wissenschaftliche Themen. Vor allem Laien wird der Zugang zu wertvollem Wissen ermöglicht, das sonst hinter Fachsprache und komplizierten Grafiken versteckt ist. Mit dem großen Einfluss von wissenschaftlichen Erkenntnissen auf unsere gesellschaftlichen Entwicklungen und Entscheidungen ist das besonders wichtig.
Fazit
- Digital Natives sind geprägt von der Informationsflut und haben eine visuell geprägte Informationsverarbeitung.
- Erfolgreiche Wissenschaftskommunikation erfordert daher vor allem visuelle Darstellungen, da sie nicht nur die Verständlichkeit erhöhen, sondern auch den Unterhaltungswert und damit die Aufmerksamkeit.
- Insgesamt geht es bei der Wissenschaftskommunikation mit Digital Natives darum, eine Balance zwischen Aufmerksamkeit und Qualität herzustellen.