In diesen Tagen fühle ich mich gelegentlich gefangen im Hamsterrad der Coronapandemie: die Omikronwelle schwingt sich zu neuen Höhen auf, es herrscht ein ständiges Abwägen der Risiken bei sozialen Kontakten, es deutet sich Licht am Ende des Pandemietunnels an.
Je häufiger sich dieses vereinfachte Bild wiederholt, desto erbitterter wird in vielen westlichen Gesellschaften über die Interpretation dieses Bildes gestritten. Die Pandemiemüdigkeit ist überall zu spüren, auch wenn der Umgang damit sehr unterschiedlich ist.
Auch in der Technologieszene wird inzwischen regelmäßig und intensiv über die gesellschaftlichen Auswirkungen von IT diskutiert, und das ist auch sehr gut so. Aber immer wenn große Bewegungen und meist viel Geld im Spiel sind, werden die Diskussionen sehr schnell laut und unsachlich. So ist es bei den zahlreichen Auseinandersetzungen rund um „Big Tech“ oft schwierig, den inhaltlichen Kern zu extrahieren.
Im vergangenen Monat wurde beispielsweise gerne über den Begriff des web3 gesprochen, das Konzept eines dezentralisierten World Wide Web auf der Basis von Blockchain-Technologie (alleine mit dieser losen Definition von Wikipedia beginnen meist schon die Diskussionen). Da wir uns im Kontext von Kryptowährungen, NFTs und Big-Tech-Monopolen bewegen, ist der Weg zur Frage, ob web3 nur eine Betrugsmasche ist, sehr kurz.
Glücklicherweise hat Moxie Marlinspike, Gründer von Signal und Mitautor des Signal-Protokolls für die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung von Kommunikation (genutzt von WhatsApp, Facebook Messenger, Skype, Google Messages, …) eine Zusammenfassung seines (technischen) ersten Eindrucks von web3 geteilt. Auch wenn dieser Blick zahlreiche kritische Punkte anmerkt, bewegt er sich doch auf einer technisch fundierten und sachlichen Ebene, so wie inhaltliche Diskussionen – meiner Ansicht nach – geführt werden sollten.
„We must always be disturbed by the truth.“ – Dōgen.
Stay healthy, stay hungry, stay foolish.
Herzlichst,
Christian Meder