What

November 2020:

What’s happening?

Wie bereits seit dem Sommer im wissenschaftlichen Umfeld erwartet, ist die Pandemie nicht vorüber, sondern wir stecken alle gemeinsam in der zweiten tiefgreifenden – in Deutschland im Vergleich zum Frühjahr eher noch schwierigeren – Pandemie-Situation, in der wir versuchen, die Balance zu halten zwischen Gesundheitsschutz und produktivem und sozialem Zusammenleben.

Um den Ernst der Lage nüchtern, unaufgeregt und fundiert zu verstehen, hatte ich bereits im Frühjahr – neben den sehr hörenswerten und/oder lesenswerten Einsichten und Bewertungen von Prof. Christian Drosten und Prof. Sandra Ciesek – die regelmäßige Interview-Reihe mit Doktor Cihan Çelik, Pneumologe auf der Covid-Station des Klinikums Darmstadt, sehr geschätzt. Durch die Schilderung  seiner eigenen, schweren Covid-Infektion Ende Oktober und die sachlich bewerteten, unmittelbaren Eindrücke aus der Therapie und Arbeit mit Covid-Erkrankten ergibt sich das Bild einer äußerst anspruchsvollen Situation, die aber derzeit in guten und kompetenten Händen auf den Stationen liegt.

Aber es gibt zusätzlich auch die sprichwörtlichen Silberstreifen am Horizont: die vorläufigen und ersten Ergebnisse der Impfstoff-Forschung. Das Thema “Vaccine Development“ in diesem Jahr ist für mich persönlich so faszinierend, dass ich einiges an Lesematerial mitgebracht habe: also entweder einen Tee/Kaffee holen oder gleich einen 30-Minuten-Blocker im eigenen Kalender suchen.

Ausgangspunkt meiner Lesereise war der lange – eher US-zentrische, aber fesselnd geschriebene – Artikel zum Wettlauf um Corona-Impfstoffe in der New York Times. Sowohl Moderna als auch die Kooperation von BioNTech und Pfizer entwickelten ihren Impfstoff mit einem neuen mRNA-basierten Verfahren (zusätzliche BioNTech-Hintergrundinformationen, zusätzliche Moderna-Hintergrundinformationen). Die ersten Studienergebnisse Anfang November sehen sehr vielversprechend aus (Pressemeldung des Clusters für Individualisierte ImmunIntervention). Bis zu diesem Punkt ist die Geschichte vielen zumindest oberflächlich präsent und bekannt.

Bei aller Freude und einem gewissen Stolz, weil ein Unternehmen aus Deutschland an dieser wichtigen technologischen Entwicklung federführend beteiligt ist, müssen wir aber auch in die Vergangenheit schauen, um zu erahnen, dass dieser Erfolg das Ergebnis hartnäckiger, nachhaltiger, jahrelanger, globaler wissenschaftlicher und technologischer Arbeit ist. Wie etwa das Interview mit dem BioNTech-Investor Thomas Strüngmann von Ende 2019 zeigt: “Es reicht nicht zu sagen, man hat mal eben eine schöne Doktorarbeit geschrieben und macht daraus ein Unternehmen. Ugur Sahin [Gründer von BioNTech, gemeinsam mit Özlem Türeci] hat nie die Monetarisierung in den Vordergrund gestellt. Sein Traum deckt sich mit dem unsrigen, etwas Nachhaltiges, Bleibendes aufzubauen und grundlegend neue, bessere Therapien zu entwickeln.“

Oder der Artikel von Mitte 2018 zur Arbeit der Gründer von BioNTech im Bereich der Immuntherapeutika zur Behandlung von Krebs: “Deshalb glaubt Sahin, dass den individualisierten Impfstoffen künftig ein zentraler Platz unter den Krebstherapien sicher ist: ‘Ich halte das nicht für eine Utopie, sondern einfach für eine technologische Herausforderung’.“

Oder noch weiter in die Vergangenheit 2011 dieses Interview mit Investor Thomas Strüngmann zu Biotech-Investment und Unternehmenskultur: “Eine Vertrauenskultur leben heißt Fehler zulassen – auch bei uns selbst. Es muss eine Fehler- und eine Streitkultur geben. Konzerne, so weit unsere Erfahrung, lassen oft statt der Autobahn nur einen schmalen Korridor zu.“

Die New York Times hat dieser Tage ein sehr lesenswertes Porträt des Gründerpaares (Husband-and-Wife Team) von BioNTech veröffentlicht: “The two billionaires live with their teenage daughter in a modest apartment near their office. They ride bicycles to work. They do not own a car. Ugur is a very, very unique individual, Mr. Bourla, Pfizer’s chief executive, said in the interview last month. “He cares only about science. Discussing business is not his cup of tea. He doesn’t like it at all. He’s a scientist and a man of principles. I trust him 100 percent.’“

“Dies ist ein Sieg für die Innovation, Wissenschaft und weltweite Zusammenarbeit“, sagte Ugur Sahin bei der Vorstellung der vorläufigen Ergebnisse der Impfstoff-Studie. Und das sind die Werte, die ich auch aus Sicht einer globalen IT Community sofort unterschreiben kann.

In diesem Sinne weiterhin stay safe, stay hungry, stay foolish.

Herzlichst,

Christian Meder

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Christian Meder

Chief Technology Officer