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Dieser Blogartikel ist älter als 5 Jahre – die genannten Inhalte sind eventuell überholt.
Zum zweiten Mal durften wir bei uns im Hause Ausrichter und Gastgeber der Girls’Day Akademie sein. Mit diesem Artikel möchten wir einen Einblick sowohl in die Vorbereitung als auch in die Durchführung der beiden Veranstaltungen geben.
Was ist die Girls’Day Akademie?
Ziel der Girls’Day Akademie ist es, Mädchen bei der Berufswahl zu unterstützen und das Interesse für Berufe und Studiengänge im Bereich MINT (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) zu wecken und zu fördern. Im Vergleich zum Girls’Day findet die Akademie meist über das gesamte Schuljahr verteilt statt (als AG an der Schule u.a. mit Ausflügen zu Betrieben) und ist nicht auf genau einen Aktionstag im Jahr begrenzt.
Als Bildungspartner der Girls’Day Akademie sind wir als inovex im Raum Karlsruhe als Ausrichter eingebunden, sodass die teilnehmenden Mädchen die MINT-Berufe durch unsere Workshops und Betriebsbesuche live erleben können. Die Teilnehmerinnen kommen so frühzeitig in Kontakt mit MINT und wir können schon künftige Nachwuchskräfte und Studierende kennenlernen.
Die Vorbereitung
Dank unserer vielfältigen Aktivitäten im Ausbildungsbereich, u.a. bei devoxx4kids, können wir auf einen großen Fundus von Workshops zurückgreifen, mit denen wir den Teilnehmerinnen spannende Bereiche der Informatik spielerisch mit größtmöglichem Lerneffekt und maximaler Begeisterung präsentieren können.
Damit verbunden ist die Qual der Wahl, welche Kurse wir anbieten wollen und die Frage, ob wir ausreichend Mentor:innen haben, welche die Mädchen im Verlauf der Akademie bei Fragen und den Aufgabenstellungen unterstützen. Aus der Vorauswahl von Google-Cardboard-, SonicPi-, JumpingSumo-, Lego-Mindstorms- und Arduino-Workshop mussten zwei konkrete bestimmt werden. Schnell fiel die Wahl auf Google Cardboard, weil dieser Kurs mit seinem VR-Anteil erfahrungsgemäß den größten Wow!-Effekt hat. Daneben entschieden wir uns für den neuen Arduino-Workshop, weil auch hier die Erfahrungen gezeigt haben, dass die praktische Fingerfertigkeit beim Stecken von LEDs und Widerständen auf das Steckbrett sowie das Verständnis von einfachen Stromkreisen und Schaltungen in der Schule oft zu kurz kommen.
Früh keimte bei den Vorbesprechungen neben der Workshop-Auswahl auch die Idee auf, die Betreuer:innen der Workshops möglichst mit Mentorinnen zu besetzen, um den Mädchen eine vertraute Situation (analog zur AG in der Schule) zu ermöglichen und damit auch die kommunikative Hemmschwelle zu senken. Was sich auf dem Papier so leicht schreibt, stellte sich zu Beginn als eine größere Herausforderung dar. Da unsere Mentorinnen in einem breiten Tätigkeitsfeld unterwegs sind (technische sowie nicht-technische Abteilungen), wurden mehrere Vorbereitungs-Workshops durchgeführt, damit alle Betreuer:innen die Mädchen auch bestmöglich unterstützen können. Somit erreichten wir nicht nur bei den Girls’Day-Akademie-Teilnehmerinnen einen Wissensaufbau, sondern verbreiterten auch die Wissensbasis der Mentor:innen und förderten dabei oft schon längst verdrängtes physikalisches Grundwissen aus der Schul- bzw. Studienzeit wieder zu Tage.
Die Durchführung
An den beiden Aktionstagen am 30.01. und 06.02.2019 durften wir 15 motivierte Mädchen im Alter zwischen 12 und 14 Jahren bei inovex begrüßen.
Tag 1: Arduino-Workshop
Der erste Workshop widmete sich mit seinen Inhalten zum Großteil der elektronischen Welt, in der wir uns tagtäglich befinden. Nach einer kurzen Einführung rund um das Thema Strom, Spannung, Widerstand und elektrische Bauteile, legten die Mädchen mit einfachen Stromkreisen los. Ihre erste Aufgabe, eine einfache LED mit Vorwiderstand und Stromquelle leuchten zu lassen, brachte ihnen die Wichtigkeit der Polung (Stromrichtung) vor Augen.
Nachdem erste Kenntnisse vertieft worden waren, ging es schnell über Parallel- und Reihenschaltung zur Ampelsteuerung mit 3 LEDs auf einem Steckbrett, wobei ein kleiner Arduino-UNO als programmierbare Einheit die Steuerung übernahm. Den passenden Programmcode konnten die Mädchen über eine grafische Oberfläche (ein Scratch-Ableger für Arduino) mit Schleifen- und Warte-Bausteinen fertigen und übertragen, sodass auch diese Aufgabe schnell vonstatten ging. Wer wollte, konnte mit einer RGB-LED (eine LED, die gleichzeitig die Farben rot, grün und blau darstellen kann) zusätzlich noch eine Fußgängerampel integrieren.
Und ja, die Reihenfolge einer Ampel ist: rot, rot und (!) gelb, dann grün … manche Teilnehmerinnen wollten es bis zur Begutachtung einer realen Ampel (zum Glück aus den Schulungsräumen sichtbar) nicht glauben 😉
Der krönende Abschluss war die Anwendung aller bisher gewonnenen Fähigkeiten, um ein “digitales Lineal“ aufbauen zu können. Hierbei wurde ein Ultraschall-Sensor in die Schaltung integriert und die gewonnenen Sensordaten wurden auf das Koordinatensystem eines Anzeigefenster umgerechnet. Gleichzeitig wurde über die grafische Ausgabemöglichkeiten von Scratch der Sensorwert in den tatsächlich gemessenen Abstand übertragen.
Die Angst vor dem Strom bei direktem Kontakt mit den Bauteilen war viel größer als angenommen. Der Hinweis auf ungefährliche Spannungen bei unserem Workshop nahm die Angst umgehend – natürlich verbunden mit der Warnung vor stärkeren Spannungen wie den haushaltsüblichen 230V.
Interessant war auch immer wieder zu sehen, dass man gerade beim Programmieren auf eine Art Angst bei den Mädchen (Jungs übrigens ebenso) stößt, man könnte durch das Programm etwas kaputt machen. Dass eine wenige Cent kostende LED auch mal durchbrennen darf, nahm die erste Angst. Der Hinweis, dass Programmierer:innen oft nach dem Trial-And-Error-Muster arbeiten und es sogar oft die einzige Möglichkeit ist, das Verhalten auszuprobieren, sorgte dann schnell für mutiges Umplatzieren der Programm-Bausteine: Dem Ziel, durch Ausprobieren neue Dinge zu entdecken, einen Schritt näher.
Um viele neue Eindrücke und Erfahrungen reicher schnappten sich die Mädels ihren Give-Away-Beutel als Motivator für den kommenden Kurs und waren vollends begeistert.
Am Rande sei erwähnt, dass wir sogar die Lehrerin und eine begleitende Mama zeitgleich zu den Mädels in anderen Räumlichkeiten haben den Kurs absolvieren lassen, damit die Mädchen möglichst frei und ohne Zwänge forschen konnten.
Tag 2: Google Cardboard mit MazeVR
Während am ersten Tag der Respekt vor elektrischen Bauteilen deutlich spürbar war, durften bzw. mussten die Mädchen zum Cardboard-Workshop ihr eigenes, vertrautes Smartphone mitbringen.
bei einer kleinen Einführung, wie beim Menschen der Eindruck des räumlichen Sehens entsteht, konnten die Mädchen begreifen, was das Gehirn im Zusammenspiel mit den Augen leistet. Mit einem abgedeckten Auge sollte ein von einer gegenüberstehender Person gehaltener Stift von der Seite gegriffen werden. Das klappte, wie von den Mentor:innen erhofft, plötzlich nicht mehr auf Anhieb und zeigte den Teilnehmerinnen, dass unsere versetzten und nach vorne ausgerichteten Augen erst das räumliche sehen ermöglichen.
Somit war auch die Erklärung, was das Google Cardboard mit seinen beiden Linsen und der App leistet, schnell verstanden und nach dem Zusammenbau und Einlegen des eigenen Smartphones wurden mit diversen Beispiel-Apps erste VR-Welten erkundet. Das machte schon riesig Spaß und die Mädchen hätten wohl damit schon die 2 Stunden füllen können, aber wir hatten ja eine andere Mission.
Das Ziel des Tages wurde nun vorgestellt: Wir programmieren unser eigenes Labyrinth mit Wänden, Portalen und Feuerbällen. Da man im Gegensatz zu Tag 1 nun nicht mehr mit grafischem Support programmieren konnte, sondern wirklich Code in JavaScript schreiben musste (natürlich stark abstrahiert), wollte somit noch die Programmierumgebung des Labyrinths schnell verstanden werden. Schreiben umfasste hier: Kopieren, Einfügen, Ein- und Auskommentieren von Zeilen, da bereits Bausteine vorgefertigt auf einem Spickzettel zur Verfügung standen.
Klingt zuerst sehr einfach, aber die Herausforderung beim Zusammenbauen ist das Verständnis der Orientierung der Objekte im Raum (des Labyrinths), die die Mädchen trotz Kopieren und Einfügen jedes Mal anpassen mussten. Ein Bauplan schaffte Abhilfe: Auf einer 10×10 Matrix wurden zuerst auf Papier die Wände platziert, die Portale und ihre Sprungziele eingebaut und das ganze natürlich sofort in der 3D-VR-Welt begutachtet. Schritt für Schritt wurde die Spielewelt komplexer und das Programm wuchs.
Anfangs noch ungewohnt, dass die Spieler:innen in der Welt automatisch vorwärts laufen und man sitzen bleiben sollte während der Benutzung des CardBoards, klappte es gegen Ende hin sogar im Multiplayer-Modus für die gesamte Gruppe auf einmal.
Völlig unbemerkt arbeiteten die Mädchen während des Programmierens im Labyrinth mit Arrays, Objekten, Methoden, Parametern und anderen Begrifflichkeiten aus dem Leben einer Programmiererin. Somit ließ sich wunderbar Spielen und Programmieren verknüpfen und vor allem das Programmierte gleich Sehen und Erleben, was in der Informatik oft gar nicht so direkt der Fall ist. Zum Abschluss des Workshops durften die Mädchen mit dem Google Cardboard als Geschenk im Gepäck nach Hause gehen, um die Welt auch zuhause mit anderen (Informatikerinnen-) Augen sehen zu können.
Fazit
An beiden Tagen hatten sowohl die Mädchen als auch die Mentor:innen sichtlich Spaß an der Arbeit. Motiviert mit Verpflegung in der kurzen Pause waren die 2 Stunden an beiden Tagen im Fluge vorbei.
Trotzdem kamen auch Fragen der Mädchen hinsichtlich unserer Arbeitswelt währenddessen nicht zu kurz. So wollten viele wissen, ob wir hier (bei inovex) gerne arbeiten bzw. was wir so arbeiten. Die Antworten waren je nach Mentor:in differenziert, deckten aber das ganze Spektrum eines typischen Dienstleisters in der IT-Welt ab.
Einige Mädchen wollten wissen, ob sie bei uns einziehen können (scheinbar hat die Inneneinrichtung sehr gefallen), während ein anderes die Lehrerin fragte: “Nächste Woche kommen wir doch wieder, oder?“ – ein Riesenkompliment für uns! Wir freuen uns definitiv schon auf nächstes Jahr …
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